Hauptstadt die Zweite – Bundesliga Finale

Désirée Schuler und Sabine Fischer schließen die Bundesliga 2009 auf den Plätzen 11 und 15 der Gesamtwertung ab und überleben das Bahnrennen.

Hauptstadt die Zweite! Nein, keine Revolution zur Ausrufung einer neuen Bundeshauptstadt, sondern einfach nur wieder der gleiche Weg, wieder Stau, Stau, Stau auf der A4 um nach Berlin zu kommen. Obwohl sich nicht wenige Fahrerinnen der Radbundesliga eine kleine Revolte gewünscht hätten, um das Finale auf der Bahn zu stürzen. Die A4 ist jetzt übrigens unsere Lieblings-Autobahn, denn ob Bundesliga in Cottbus, Waldenburg und gleich zwei mal in Berlin, wir haben uns jetzt richtig an sie gewöhnt.

Seit 3 Jahren wird das Finale der 4 Radbundesligen (Junioren, Juniorinnen, Frauen und U23) auf einer Bahn ausgefahren. Der Bahnradsport verfügt über eine lange Tradition und war einst einer der publikumswirksamsten Sportarten überhaupt. Im Netz gibt es einige Seiten, bei deren Studium man in nostalgisches Schwärmen verfallen kann. Eingescannte schwarz-weiß Fotos zeugen von zehntausenden Zuschauern und man liest von der packenden Jagd der Sechstagerennen, deren Helden sich damit eine nicht unerhebliche gesellschaftliche Reputation erkämpften. Für die nationalen Verbände ist der Bahnradsport als olympische Disziplin natürlich von großer Bedeutung, lassen sich hier leichter Medaillen erringen, da im Vergleich zum Straßenradsport die Konkurrenz viel geringer ist. Leider befindet sich der Bahnradsport aber seit Jahren im Abwärtstrend, zu aufwendig ist der Erhalt oder gar Neubau von Radrennbahnen (Im Vergleich zur Lobby für die Rasenplätze von König Fußball), zu gering das Interesse der Jugend. Dennoch eignet sich der Bahnradsport hervorragend zur Ausbildung des Nachwuchses. Fahrtechnik und taktisches Verständnis lassen sich kaum besser erlernen, als auf der Bahn.

Um dem Abwärtstrend entgegen zu wirken, zwingt der BDR nun seine SportlerInnen der (Straßen)-Bundesliga auf die Bahn. Im Sinne einer möglichst breiten und interdisziplinären Ausbildung ist dies in den Nachwuchsklassen der Juniorinnen, Junioren und auch der U23 durchaus sinnvoll. Im Falle der Frauenklasse ignoriert man dabei aber die insgesamt ganz andere Situation des Frauenradsport, die Motivation der Fahrerinnen, den sportlichen Werdegang und vor allem den Umstand, dass man für die Weiterentwicklung des Frauenradsports besser alles tun sollte, um mehr Mädels für den Sport zu begeistern, als sie abzuschrecken.   

Mit einem Schreck begann dann auch Freitags für unsere Fahrerinnen das Wochenende im Velodrom. Die Steilkurve wirkt für den Bahnneuling doch sehr bedrohlich, fasst so als würde sie demnächst einstürzen und einen darunter begraben und nicht so, als könnte man mit einem Rad daran entlang fahren. Das Velodrom, extra für die Olympiabewerbung Berlins 2008 gebaut, gehört zu den modernsten und schönsten Bahnen, flößte uns dadurch aber noch mehr Respekt ein. Darauf vorbereitet, hatten wir uns aber mit Eva Strahl eine Gastfahrerin ins Team geholt, welche die Angst vor der Bahn längst verloren hat. Mit kölner Lockerheit nahm sie unsere Sabine und Désirée an die Hand und so tastete man sich Stück für Stück auf der Bahn nach oben. Samstag und Sonntag wurde es dann ernst und in allerhand uns zuvor unbekannten Disziplinen mussten die Mädels ihre Wettkämpfe absolvieren. Für Straßenfahrer am anstrengendsten ist dabei der Umstand, dass die jeweils 6 Stunden aus einem ständigen Ein- und Ausfahren bestehen, unterbrochen von den nur wenigen Minuten dauernden Wettkämpfen. Am Abend fällt man totmüde ins Bett, mehr erschöpft, als wäre man einfach nur 3 Stunden am Stück schnell gefahren. Wie ein Wunder kam Désirée, als absoluter Bahnneuling, und Sabine gut über die Runden. Natürlich konnten wir nicht vorne mitfahren, waren doch neben den blutigen Anfängern auch Bahn-Olympiateilnehmerinnen dabei, was ein sehr unausgewogenes Fahrerfeld bedeutete. Da pro Team nur 3 bis 4 Starterinnen zugelassen waren und manche Teams dem Bahnrennen lieber ganz fern blieben, gab es in einem übersichtlichen Feld wichtige Bundesliga Punkte zu holen. So war unser Zielsetzung einfach irgendwie durchzukommen, was wir auch vollends erreichten. Désirée Schuler konnte dadurch auf Platz 11 und Sabine Fischer auf Platz 15 der Gesamteinzelwertung vorrutschen. Damit ist das Team BIKE-AID mit zwei Fahrerinnen im ersten Fünftel der 84 Fahrerinnen umfassenden Gesamtwertung vertreten, was ein erfolgreiches Ende der Bundesliga-Saison 2009 für das saarländische Team bedeutet.

So fand das Bundesliga-Finale in Berlin statt, der „In-Metropole“ und damit trendsetter unserer Republik. Wie es der Zufall will, ist hier der neueste Trend das so genannte „Fixie“ fahren. Also mit einem Banhrad mit starrer Nabe (Fixiert, ohne Freilauf, wie bei einem Spinningrad) und oftmals ohne Bremsen sich in das Gewimmel der Großstadt stürzen. Die simple Technik der Bahnräder erlebt gerade einen zweiten Frühling und die Lager der Berliner Polizei platzen aus alle Nähten. Über Sinn und Unsinn lässt sich sicher streiten, aber die Jugend ist begeistert davon und im Netz entwickeln sich zahlreiche Portale, die sich damit beschäftigen und in Videos ihr atemberaubendes Treiben zur Schau stellen. Wie vor rund 100 Jahren die Sechstagerennen, kommt auch dieser Trend aus den Metropolen der USA. Also doch noch eine Chance die Jugend für den Bahnradsport zu begeistern? Leider beißt sich nichts mehr, als die Strukturen und Denkweisen der Sportverbände mit dem „Urban Street Culture“ unserer Jugend, womit zu erwarten ist, das kreative Ansätze, diesen Trend für sich zu nutzen wohl ausbleiben.
 
 
Bundesliga Gesamtergebnis 2009
 
 
Gesamt-Einzelwertung:
1. Bianca Purath, Equipe Nürnberger
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11. Désirée Schuler, BIKE-AID
15. Sabine Fischer, BIKE-AID
32. Manuela Haverkamp, BIKE-AID
40. Inge Roersch, BIKE-AID
45. Ellen Janßen, BIKE-AID
48. Katrin Hollendung, BIKE-AID
52. Sara Korschewski, BIKE-AID


Gesamt-Mannschaftswertung:
1. Equipe Nürnberger
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6. BIKE-AID
 
Gesamt-Nachwuchswertung:
1. Martina Zwick, Koga Miyata
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11. Sara Korschewski, BIKE-AID


Link: Fixie Videos (Auch mit Lance Armstrong:-)
Link: Bahnradsport Nostalgie Seite