BERICHT: Alta Rezia - Bormio

Hier ist unser dritter Beitrag über Alta Rezia, diesmal berichte ich aus Bormio und Santa Caterina, wieder geht es ums Freeriden - diesmal auf Skiern.
Gute Mountainbike-Spots haben das so an sich: Sie funktionieren auch im Winter sehr gut. Wie es der Zufall so will gibt es auch viele Biker die im Winter die Stollenreifen gegen Gleitflächen eintauschen.

Ski- und Snowboard-Aktivitäten stehen bei Bikern hoch im Kurs. Spätestens seitdem auch beim Wintersport die Grenzen zwischen Pisten-, Tiefschnee-, und Tourengehen verwischen, werden die Parallelen zum Mountain-Bike deutlich.

Bormio ist Weltcup-Skistation und seine Skigebiete laden sommers wie winters auch zu Freeride-Touren ein. Das Pendant zu einem All-Mountain-Fully gibt es bei einer Skiausrüstung übrigens auch.

Man nehme:
- einen breiten, leichten und entsprechend aufgebauten Ski
- die passende tourenfähige Bindung obendrauf,
- ein paar tourentaugliche Skistiefel
- und Teleskop-Stöcke
- *Sicherheitsausrüstung

und fertig ist die perfekte Freeride-Ausrüstung. Damit geht alles - von der rasanten Pistenabfahrt bis hin zu Mehrtages-Skitouren.

Eines ist beim Winter-Freeride aber gänzlich anders, denn man sollte die Rechnung nicht ohne Lawinen machen. Idealerweise hat man für jede Freeride-Tour eine entsprechende *Sicherheits-Lawinenausrüstung (Piepser, Seil, Schaufel, Sonde, eine entsprechende Ausbildung...) dabei und am besten einen ortskündigen Bergführer gleich dazu.

Wer am liebsten von deutschsprachigen Pauschaltouristen umgeben ist, der ist in Bormio eher falsch. Bormio ist ein ehemals berühmter Bade-Ort und die heiße Therme von Bormio spielte bereits in der Antike eine Rolle.

Wir logieren, in den Bagni Nuovi - einem äußerst geschmackvoll renovierten Grand-Hotel, das seit 2004 wieder neu eröffnet hat. Etwas oberhalb befinden sich die Bagni Vecchi mit einem 3-Sterne Hotel. Beide Häuser zählen zu den Alta-Rezia-Bike-Hotels und die Spa Abteilungen beider Häuser werden direkt von den heißen Quellen gespeist.

Unser erster Freeride-Ausflug führt uns ins Skigebiet von Santa Caterina Valfurva. Alpencrosser kennen den Ort, er liegt direkt unterhalb des Passo di Gavia, alljährliche Herausforderung für Giro d'Italia und sonstige Alpencrosser.

Mit von der Partie:
Matteo, ein sympathischer Bergführer aus Bormio und Roby Trab, ein bekannter Fotograf, heute ist er leider ziemlich erkältet.

Verena und Markus
, sie arbeiten für diverse Bike und Snow-Magazine. Verena ist als Top-Skiläuferin zudem Mitglied im K2-Werksteam und stellt ihr Freeride-Können heute für eine Fotostoy zur Verfügung.

Werner
, betreibt Powder-Equipment, eine Ski- und Snowboard-Manufaktur in Konstanz. Er bekam jüngst von einem wichtigen schweizer Ski-Magazin einen Top-Test für seinen neuen, superleichten Freeride-Ski. Bescheiden nennt er dieses Modell Typ A. Genau den Typen darf ich heute auf meiner ersten Freeride-Tour testen.

Andrea von Allegra-Tourismus ist unsere Gastgeberin und macht uns perfekt mit Land, Leuten und typischer Kost vertraut.

Tag 1:
Auf 2.800m hoch über Santa Caterina Valfurva verlassen wir den Lift. Schön ist es hier! Bereits die erste Abfahrt konfrontiert mich mit Tiefschnee. Angst! Das habe ich 20 Jahre nicht mehr gemacht. Die anderen erklären mir daß das mit "den heutigen Freeride-Spezialskiern für geübte Skiläufern quasi von selbst geht". Also vertraue ich auf meine Testski. Tatsächlich - schon die erste Powder-Abfahrt macht Lust auf mehr.

Roby nutzt die Sonne und schießt erste Fotos von uns. Naja - wenigstens meine Spur im Schnee sieht gekonnt aus - der Rest ist ausbaufähig. Was Verena allerdings mit dem Ski veranstaltet ist schon äußerst gekonnt und lohnt die Fotos. Kein Wunder, daß sie ihr Hobby zum Beruf machen konnte.

Die Mittagspause verbringen wir im Kelo-Mountain-Resort. Sehr ungewöhnlich und dennoch perfekt in die hochalpine Natur integriert, hat sich der Inhaber einen Lebenstraum verwirklicht: Eine moderne urgemütliche Mountain-Lodge, erbaut aus finnischen Totholz-Stämmen. Das bedeutet: Das Holz war bereits Jahre vor dem Verbauen naturgetrocknet und wird ohne Rinde verbaut. Es bietet die höchsten Isolationswerte aller bekannten Baustoffe.
Wir werden vom Inhaber zu geräuchertem Lachs, Schinken und Rotwein eingeladen. Ein Genuß - zumindest für Nicht-Vegetarier.

Danach führt uns unser Bergführer noch zu zwei, drei Abfahrten im Tiefschnee. Ich finde Gefallen an diesem "Snowsurfing" auf Ski. Allerdings wird es weiter abwärts sehr anstregend. Der nasse, unberührte Schnee liegt bleischwer auf den Hängen. Bleischwer sind daher auch meine Beine.

Die erschöpften Muskeln entspannen wir wenig später in den Bagni - den heißen Thermen von Bormio. Diese speisen die Spa-Abteilung unseres Hotels und entspringen dem tiefen Fels über 40° warm.

Völlig unmöglich alle Bademöglichkeiten an einem Tag auszuschöpfen. Hier ein Wasserfall, da ein Bdezuber, hier eine Grotte, da ein Tauchbecken...

Sehr angetan sind wir von dem Bagni-Vecchi - dafür gibt es eigens einen Shuttle Service der uns im Bademantel dorthin bringt. Wir sitzen draußen in einem dampfenden Felsbecken voll mit heißem Wasser inmitten toller Bergwelt. Und ich dachte immer die blaue Lagune sei in Island...
Dort kann man auch den Quell des heißen Wasser bewundern, indem man einer wassergefüllten Grotte ganz weit in den tiefen Fels folgt. Sehr unheimlich und unglaublich zugleich. Ein Bergwerk voll mit heißem Wasser und Dampf.

Sauber sind wir jetzt. Zeit sich wieder etwas zu beschmutzen. Dazu gibt es ein spezielles Schlammbad. Nichts wie rein in die trübe, warme Brühe, und den Körper und das Gesicht zukleistern mit Matschepampe.
Danach geht es so zugerichtet in die Schlammsauna wo die Lehmhülle am Körper antrocknet. So also werden Terracotta-Krieger hergestellt!

Tag 2:
Fast ein Wandertag. Heute erkunden wir in gleicher Besetzung die Skigebite in Bormio 3000. Dort oben ist der Schnee, zwar nicht federleicht, aber doch erheblich leichter als weiter unten. Weite, unberührte Hänge laden zu langgezogenen Turns ein. Je mehr Speed, desto besser läuft der Ski im Tiefschnee - leichter gesagt als getan. Einzeln, auf Weisung unseres Bergführers stauben wir talwärts.

Das terassierte Gelände ist wirklich ideal für Backcountry-Touren auf Ski oder Bike. Weiter unten geraten wir in ausgedehnte, duftende Latschenwälder und müssen schließlich einige Kilometer "latschen" bis wir wieder in die Nähe der Liftanlagen kommen. Die Bergsonne im April ist stark, 10 Minuten reichen für einen Sonnenbrand. Wir stehen mittlerweile im eigenen Saft. Da kommt der Waldschatten gerade recht.

Nach fast 2h erreichen wir die Piste. Matteo zeigt uns die berühmte Weltcup-Abfahrt von Bormio. Ohne Worte - bei der Vorstellung dort im Schuß runterzufahren möchte ich lieber sofort wieder in den Wald und noch ein paar Kilometer durch Unterholz kraxeln.

Zeit für eine Steinofen-Pizza in einer gemütlichen Hütte. Dort tauchen wir in eine ausgedehnte italienische Mittagspause ab.

Diese Gegend, und besonders die Bagni beeindrucken uns wirklich und beweisen wieder einmal, daß es sich lohnt auch weniger bekannte Ziele anzusteuern. Zudem fallen die angenehmen Preise in der Gastronomie auf! Deutlich billiger als Österreich, Schweiz oder die großen Touristen-Gegenden Südtirols!


Allegra und Ciao,


Scotty





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