Um eine erste Standortbestimmung vorzunehmen, hatten wir uns Anfang des Jahres auch für die Trans Germany angemeldet – 4 Tage von Garmisch über Lermoos, Pfronten, Sonthofen an den Bodensee nach Bregenz; insgesamt ca. 300 km und 8.000 hm. Das Rennen ist für Einzelstarter ausgeschrieben, trotzdem hatten wir beschlossen, zumindest die ersten beiden Tage zusammen zu fahren, um zu testen, ob unsere Teamfähigkeit noch vorhanden ist. Der Startschuss fiel am Mittwoch dem 02.Juni 2010.
Da wir uns etwas akklimatisieren wollten, fuhren wir bereits sonntags ins Zugspitzgebiet, in der Hoffnung noch ein paar Tage Urlaub bei schönem Sommerwetter zu verbringen. Es sollte aber etwas anders kommen als geplant. Hier ein kurzer Abriss:
Montags – Schneelfallgrenze 1200 m; alle Berge ringsherum hatten ein weißes Kleid (zur richtigen Jahreszeit bestimmt ein schöner Anblick).
Dienstags – heftige Regenschauer, max. 9 Grad – unser Hotelwirt glaubte fest an sein Barometer, es stieg offensichtlich (der Wetterbericht sagte zwar etwas anderes: Dauerregen und Unwetterwarnungen, Gefahr von Überschwemmungen …)
Der erste Blick aus dem Fenster am Mittwochmorgen verhieß nichts Gutes. Es regnete – oder besser schüttete – wie aus Eimern. Von den herbstlichen bis winterlichen Temperaturen ganz zu schweigen. Bei diesem Wetter schickt man normalerweise keinen Hund vor die Tür, aber wir sind ja auch Mountainbiker.
Welche Kleidung wählt man für ein solches Rennen? Wohl wissend der Start in Garmisch ist noch in einigermaßen „warmen Gefilden“, im Verlauf des Rennens kann die Temperatur aber noch drastisch sinken. So viele vermummte Biker in allen möglichen und unmöglichen Regenklamotten (z.B. Duschhauben über dem Helm …) haben wir noch nie auf einem Haufen gesehen. Jedenfalls hat alles nichts genützt: bis zum Startschuss, der pünktlich um 10:00 Uhr fiel, waren wir alle schon ziemlich durchnässt. Lange Worte kurzer Sinn: bei solch widrigen Bedingungen sind wir noch nie gefahren. Ein Glück, dass unser Name auf der Startnummer stand, sonst hätten wir uns im Ziel selbst nicht mehr erkannt. Unglücklicherweise musste am höchsten Punkt der Etappe ein Biker wegen Erfrierungserscheinungen per Hubschrauber abtransportiert werden. Der Helikopter landete genau auf der Strecke, das ganze Feld – in dem wir uns auch befanden - musste 20 Minuten auf die Weiterfahrt warten – bei starkem Regen und 2 Grad. Es ist eine ganz neue Erfahrung mit halberfrorenen Händen die Schaltung zu betätigen. Trotz allem haben wir es dann doch noch irgendwie ins Ziel geschafft. Die heiße Dusche konnte unsere Lebensgeister dann wieder wecken.
Einsetzender Starkregen am Abend verhieß dann auch nichts Gutes für den nächsten Tag. Am Morgen der zweiten Etappe kam uns auf dem Weg zum Frühstückstisch erst einmal ein Feuerwehrmann entgegen. Dieser war gerade dabei den Keller unseres Hotels leer zu pumpen. Wir hörten dann auch, dass Teile der geplanten Strecke wohl nur noch mit Amphibienfahrzeugen zu befahren wären. Schöne Aussichten. Pünktlich zur Startaufstellung hörte es dann wenigstens auf zu regnen. Trotzdem musste der erste Teil der Etappe auf die Strasse verlegt werden. Wer nun denkt, dies wäre eine trockene Angelegenheit gewesen, der irrt sich gewaltig. Originalansage des Rennleiters Uli Stanciu: „Heute würdet ihr euch besser komplett in einen Neopren hüllen. Das Wasser steht auf weiten Teilen der Strecken 20 – 30 cm hoch und kommt euch wie ein reißender Bach entgegen“. Der zweite Teil führte wie geplant über Schotter- und Waldwege, die allesamt überschwemmt oder matschig waren. Irgendwie haben wir es dann wieder geschafft, das Ziel Pfronten ohne größere Ausfälle zu erreichen.
Der nächste Tag versprach dann endlich Besserung. Das Wetter war gut, die Strecke war allerdings immer noch matschig. Wir haben das Ziel in Sonthofen ohne besondere Vorkommnisse erreicht.
Die letzte Etappe sollte uns dann zumindest wettermäßig für alle Entbehrungen entschädigen: blauer Himmel, Sonnenschein, mit 30 Grad schon fast zu heiß – aber man will ja nicht meckern. Die Zielankunft in Bregenz, direkt auf dem Platz vor der Seebühne, war schon gigantisch.
Das Rennen war als UCI-Rennen ausgeschrieben und deshalb überaus hoch besetzt. Es waren nahezu alle Marathonspezialisten unter den Profi- und Lizenzfahrern im Kampf um die vorderen Plätze im Einsatz. Letztendlich belegte Kirsten in der Frauenklasse den 48. Platz (leider gab es keine separate Altersklassenwertung). Harry kam in seiner Altersklasse auf den 33. Platz. Der Fairness halber muss man allerdings erwähnen, dass er viel weiter vorne gelandet wäre, da er erst ab der dritten Etappe ohne seine weibliche Handbremse unterwegs war. Den 3. Tag beendete er nämlich auf Rang 16 und am letzten Tag verfehlte er mit Rang 6 nur um knappe zwei Minuten einen Podestplatz in der Klasse der Senior Master.
Fazit: Die ersten beiden Tage waren eine echte Härteprüfung für Mensch und Material. Wir sind nun auf jeden Fall gewappnet für die Transalp. Wir werden trotzdem in den verbleibenden Tagen bis zum Start unseren Teller immer schön leer essen, damit der Wettergott uns besser gesonnen ist. Denn im Grunde unseres Herzens sind wir doch bekennende Schönwetter-Fahrer.