Transgermany 2012 Nachlese

Zwar ist nichts so alt wie ein Rennbericht von vorletzter Woche, dennoch ist so manches Event im Nachgang doch viel schöner als in dem Moment, in dem man mitten im dritten noch härteren Berg der ersten Tagesetappe dem Vordermann hinterher hechelt und sich erneut die Frage stellt, warum man das Ganze eigentlich macht... Hier also nun der beschönigte Bericht zur Transgermany 2012 (www.bike-transgermany.de)

In diesem Jahr hatten wir uns- nach der Hoteltour im letzten Jahr - ein Wohnmobil gemietet und meine Frau begleitete mich von Etappe zu Etappe. Daher war ich vergleichsweise stressfrei und gut umsorgt unterwegs. Morgens schnell ein Müsli in die Schüssel geschüttet, am Nachmittag zum neuen Stellplatz in der Nähe des Ziels gerollt, geduscht und das Bike versorgt, anschließend die Pasta vom eigenen Herd genossen und das Rennen mit den Platznachbarn analysiert und die Beine von der Frau locker kneten lassen. So lässt es sich leben als Rennfahrer. 

Auf dem ersten Campingplatz hatten wir übrigens Konny Looser, den Sieger der letztjährigen Transalp als Nachbarn. Was soll ich sagen - auch Topfahrer müssen abends zum Geschirrspülen antreten.

Segen der Technik oder einfach nur...
Früher gab es Wetter. Heute gibt es Wetter Apps. Früher habe ich aus dem Fenster und auf das Thermometer geschaut und mich dementsprechend angezogen. Heute prüfe ich minütlich die prognostizierte Niederschlagsmenge mit einer 74%igen Wahrscheinlichkeit um 11 Uhr am Vormittag und ärgere mich anschließend darüber, dass die Realität mit der virtuellen Wetterwelt aber auch gar nichts zu tun hat. Im Falle der diesjährigen Transgermany irrte sich das Iphone an den ersten drei Tagen immer zum Vorteil der Rennfahrer, das Wetter war besser als vorhergeappt, am letzten Tag gab es dann kein Halten mehr und der Himmel hat die Schleusen geöffnet. Die Wettervorhersage habe ich dann nur noch im Radio verfolgt. Da weiß man was man hat.

Zurück auf Anfang, Sternenzeit 6.6.2012. Sonthofen. Ein Blick auf das Iphone Wetter App (zu diesem Zeitpunkt noch in gutem Glauben). Vorhersage bescheiden, Schauer sind angesagt und mäßige Temperaturen. Tendenz schlechter. Aber es gibt ja die Hoffnung, früh genug im Ziel zu sein, um dem angekündigten Regenschauer zu entfliehen. Den ersten Berg der Strecke in Sonthofen hatte ich mir in den Vortagen gut angeschaut, es hieß gleich von Beginn an voll einsteigen, um vor dem absteigenden und schiebenden Pulk bei Kilometer 5 durch zu sein und oben am ersten Berg hinüber nach Hindelang die Engstelle auch ohne Wartezeiten zu passieren. Das wollte gut vorbereitet sein, also ganz früh in die Startaufstellung, vorne in Block B. Block A war am Starttag den LIzenzfahrern vorbehalten, an den Folgetagen wurden die Blöcke nach Platzierung eingeteilt. Mein Plan ging auf. Wie erwartet waren die Block A Fahrer kaum hinderlich und ich ging mit Knallgas auf die Etappe. Über das besagte glitschige Steilstück, dann durch die Engstelle, alles ohne Probleme und auf die Abfahrt, auf der ich im Vorjahr erste Asphaltbekanntschaft gemacht habe. Nach einer Stunde in Hindelang begann für mich das Rennen.

Und es lief gut. Ob es an meiner Form, den mit nur 800 Fahrern überschaubaren und sich schnell auseinander ziehenden Fahrerfeld (gegenüber 1200 im Vorjahr) oder meinem nochmals leichteren Flash 29er lag - es lief super. Die erste Etappe wurde gegenüber dem Vorjahr nochmals leicht verschärft, mit einem neuen frischgeschotterten Schiebeberg im letzten Renndrittel, so dass ich kurz vor dem Ziel in Pfronten gegen erste Anflüge von Wadenkrämpfen anmeditieren mußte. Das hat geholfen und ich erreichte als 21. der Masters Kategorie das erste Etappenziel. Beeilt habe ich mich übrigens auch, weil es in Pfronten eine super Zielverpflegung mit hausgemachten Kuchen gibt. Und wer da nicht rechtzeitig im Ziel ist, bekommt nur noch die Krümel ab. Ich habe mir also ordentlich den Bauch vollgeschlagen und sehr zu meiner Freude haben mich meine Eltern im Ziel überrascht. Sie waren extra aus dem Saarland angereist um mich auf der Transgermany zu begleiten.
Am nächsten Morgen sowie an allen weiteren Tagen kam ich dank meiner guten Platzierung erstmals in meiner Rennfahrerkarriere in den Genuß aus dem Block A1 zu starten. Dem gestrengen israelischen UCI Kommissar sei dank, hat sich dies für mich zum Highlight des jeweiligen Tages entwickelt. Zum einen wurde jeder Fahrer des Blocks namentlich in den Startblock gebeten, so dass ich zusammen mit den Sausers, Platts und Kaufmanns dieser Welt aufgerufen wurde, und ich mit breiter Brust in den Startblock gerollt bin. Zum andern habe ich dadurch eine halbe Stunde Schlaf am Morgen gewonnen, denn anstatt eine Stunde vor dem Start für einen vorderen Platz im Startblock B anzustehen, erfolgte der namentliche Aufruf gediegene 15 Minuten vor dem Start. Sehr entspannt.

Die zweite Etappe von Pfronten nach Lermoos war identisch mit dem letzten Jahr, durch das schöne Tannheimer Tal und als wirkliches Schmankerl zum Schluss der Etappe durch die nasse und verwurzelte Bikeparkstrecke unmittelbar vor dem Ziel. Anders als im vergangenen Jahr hatte ich mich dieses mal eher zu kühl als zu warm bekleidet, und konnte so der Überhitzung entgehen. Entgegen den 67% Regenchancen war es nämlich ziemlich warm und die Sonne brannte junimäßig kräftig. Platz 19 an diesem Tag.

Von Lermoos ging es am nächsten Tag über zwei Berge und der schönen langen Abfahrt durch das Gaistal zum neuen Etappenort Seefeld mit einer hinreißenden Ankunft mitten in der Fussgängerzone. Ich konnte mich auch dank einer guten Gruppe in der Abfahrt  in der Tageswertung weiter auf Platz 17 nach vorne schieben.

Die letzte Etappe begann schließlich bereits im Regen. Als privilegierter A1 Fahrer konnte ich mich bis kurz vor dem Start in der Fussgängerzone unterstellen und mich bis direkt vor dem Start mittels eines Schirms trocken halten. Genützt hat es freilich wenig, denn bereits nach 300 Metern war ich von dem aufgewirbelten Wasser der Reifen klitschnass. Und so sollte es bleiben. Zwei Berge hinauf mit der folgenden als anspruchsvollsten Trailstrecke des Rennens angekündigte Teilstück konnte ich Plätze gutmachen. Hier hat sich das Endurotraining auf den Ligurischen Trails definitiv ausgezahlt ;-). Meine Beine waren gut. Auch an diesem Tag konnte ich für das 30 Kilometer lange Flachstück eine gute Gruppe auftun. Bis zum finalen Anstieg konnten wir zu einer weiteren Gruppe aufschließen bevor ich am Hausberg nach hinten rauskippte. In der Abfahrt wiederum konnte ich einige Plätze gut machen und den Zielsprint unserer kleinen Dreiergruppe als 14. der Masters Tageswertung für mich entscheiden.  In der Gesamtwertung hat es für den 16. Platz gereicht.

Schön war es. Und Spaß hat es gemacht. Top Organisation, Super Strecke, tolle Leute... Und da war es wieder, dieses Phänomen. Wie schnell der Mensch Qualen ausblenden und sich nur noch an die schönen Momente erinnert. Besonders gemein bzw. hilfreich in dieser Beziehung sind die allabendlichen Diashows beim Fahrerbriefing vom Sportograf und der Zusammenschnitt des Tagesvideos. Die Fotos und das Video wird gekauft. Als moralische Vorbereitung für das nächste Jahr. Oder so ;-)

Stefan


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