Wildschwein kauft man nicht, Wildschwein schießt man!
22.05.2011 - 5960 x angesehen (zuletzt am: 21.12.2024 um 18:20)
Diese Antwort des örtlichen Kaufmanns auf die Frage nach Wildschweinprodukten der Region für unser Gipfelpicknick war die endgültige Bestätigung dessen, was wir in den vergangenen Tagen bereits bemerkt haben ...
Wir sind hier eher am Rande des touristisch erschlossenen Ligurien....
Aber touristische Hochburgen haben wir auch keine gesucht, vielmehr wollten wir Trailsurfen unter ligurischer Frühlingssonne genießen. Und zwar abseits des Bikemekkas Finale, auf den Schmugglerpfaden im ligurischen Hinterland. Und das haben wir. Und wie...
Auch in diesem Jahr stand für meine Frau Corinna und mich wieder die Frage nach einem geeigneten Frühlings-Bike-Urlaubsziel im Raum. Nachdem wir in den vergangenen Jahren bereits das Bike-Warmup in Spanien mitgemacht haben und in der Toscana, Umbrien und Gran Canaria die Saison eröffnet hatten, wollten wir natürlich mal wieder etwas Neues ausprobieren. Ich habe es gewagt und einen Tipp zum Mountainbikeurlaub im MTB Forum zu stellen und erhielt - Gott sei dank - DEN Tipp der mein bisheriges Bikerleben auf den Kopf stellte.
Klingt übertrieben - ist es für mich nicht. Nachdem ich in den vergangenen Jahren immer mehr Marathons und 24h Rennen gefahren bin, habe ich mich in diesem Urlaub mal der anderen Seite des MTB Sports gewidmet und mich den Jungs von TrailXperience anvertraut.
Tobi und Mathias bieten in Ligurien einwöchige AllMountain Trailcamps an. Mein Formaufbau in dieser Saison ist schon gut fortgeschritten und ich dachte mir, dass neben Ausdauer im Uphill auch Fahrtechnik im Downhill ihren Beitrag zur Gesamtperformance im Wettkampf leistet. Nach der genauen Studie der Homepage und der Zusage, dass das Trailcamp in zwei Leistungsstufen durchgeführt wird, haben wir also gebucht. In den Camps wird in den ersten drei Tagen am Vormittag Fahrtechnik exerziert, die an den Nachmittagen direkt im Gelände geübt wird. Auf dem Programm standen die Basistechniken Grundposition, Bremsen, Balance und Spitzkehren. Da ich auch als recht erfahrener Biker immer lernbereit bin, habe ich alle Übungen gerne mitgemacht und natürlich auch noch vieles dazu gelernt. Das alles wurde dann intensivst auf Trails der Umgebung geübt, die so vielversprechende Namen wie „Spitzkehrenmassaker“ mit 42 gezählten Kehren am Stück auch wahrlich verdienen. Die Auffahrten zu den Trails wurden im übrigen in gemäßigtem Tempo auf freundlich ansteigenden Sträßchen und Wegen zurückgelegt. Manchmal wurde auch der Shuttleservice angeboten.
Dabei sind das nicht irgendwelche Wanderwege, die man im Downhill unter die Stollen nimmt, sondern es handelt sich um die alten Handelspfade der Region, die bereits im 12Jh angelegt wurden. Die gesamte Region im Hinterland von Imperia ist von diesen Wegenetz durchzogen, das heute erst wieder für unseren Sport gescoutet werden muß. Teils sind sie fein säuberlich mit Steinen gepflastert, teils verblockt, aber immer ein Mordsspaß für den geneigten Trailbiker mit viel Federweg.
Ich muß dazu sagen, dass ich mit meinem brandneuen Specialized Stumpjumper S-Works mit 120mm Federweg angereist bin. Nach dem ersten Tag habe ich mir eine der Testenduros geschnappt - das war der Fehler, der nun ein tiefes Loch in die Haushaltskasse reisst. Nach den Erfahrungen dieser Woche müssen jetzt 160mm her. Und nichts weniger!
Aber die Megatrails und die Downhillstrecke in einem der vielen malerischen Örtchen machen eben mit viel Federweg erst richtig Spaß...
Aber zurück zum Urlaub. Tobi und Mathias sind MTB Ausbilder im DIMB und bieten die Trailcamps an. Das verheißt neben kompetenten Guiding vor allem auch erstklassige Fahrtechnikausbildung mit viel wertvollem Input und Feedback sowie reichlich Übungsmöglichkeiten im Gelände, die einem das Grinsen im Gesicht festtackern. Jeden Tag gab es neue Trailhighlights, so dass wir am späten Nachmittag das Feierabendbierchen bei den üblichen Heldensagen des vergangenen Biketages genossen.
In der zweiten Wochenhälfte stand dann die kleine Ligurienrundtour an, die uns in die weiter landeinwärts gelegen Regionen führte. Dazu haben wir auch unsere Zelte in einem neuen Hotel aufgeschlagen, von wo aus wir das Hinterland erkunden konnten.
Bei großartigsten Wetterbedingungen genossen wir die schneebedeckten Berge der benachbarten Lombardei im Hintergrund, während unsere Blicke nach vorne bis nach Korsika streiften. Dies sind die Momente, in denen man ganz genau weiß, warum man ausgerechnet diesen Sport betreibt. Die Krönung der Gipfelmomente erfolgt dann allerdings wieder in der Abfahrt, zum Beispiel auf 400HM topfebenen Wiesenabfahrt mit freier Spurwahl. Riesenslalom auf Mountainbikes. Freudenschreie inklusive. Und wie sich das für eine richtige Rundtour gehört, endet die Tour am Wasser. Das Mittelmeer, der Sonnenuntergang und das malerische Porto Maurizio begrüßten eine Bikergruppe, die nach einstimmigen Bekunden aller Teilnehmer den besten Bikeurlaub überhaupt hinter sich gebracht hat.
Ich bin ganz sicher, dass wir nicht zum letzten Mal mit den Jungs von Trailxperience in Ligurien unterwegs waren. Die 160mm wollen schließlich artgerecht genutzt werden ;-)
Viele Grüße,
Stefan
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